Claus Stephani (geb. am 25. Juli 1938 in Brașov/Kronstadt) ist Ethnologe, Schriftsteller, Kunsthistoriker und Journalist.

Nach Beendigung der Grundschule, 1952, wurde er wegen seiner sozialen Herkunft – wie damals auch andere Angehörige der ehemaligen Kronstädter Bourgeoisie – nicht zum Tagesgymnasium zugelassen. Deshalb musste er sich – 15jährig – als Bauarbeiter und Elektriker anstellen lassen, um nach Dienstschluss das Abendgymnasium besuchen zu dürfen, wo er 1958 abiturierte. Danach bemühte er sich 1958-1960 um einen Studienplatz in Bukarest.

Zwischen 1960 und 1965 studierte er Germanistik und Rumänistik an der Bukarester Universität C. I. Parhon und am Pädagogischen Institut Bukarest. 1961 wurde er vom rumänischen Geheimdienst (Securitate) verhaftet und musste unter Zwang und Androhung vor weiterer Dunkelhaft eine Verpflichtungserklärung unterschreiben. Wegen Verweigerung zur Mitarbeit wurde er 1962  von der Universität exmatrikuliert und durfte danach sein Studium nur noch am Pädagogischen Institut fortsetzen. 1963 erfolgte seine Entlassung als IM on der Securitate („abandonare“), wegen „Unaufrichtigkeit gegenüber den Staatsorganen“ (siehe FAZ vom 20.11.2010).

Nach dem Studium war er als Deutschlehrer und Kustos im Kunstmuseum Simu (Bukarest) tätig.  In den Jahren vorher hatte er bereits als freier Mitarbeiter mit kunstkritischen Beiträgen in der deutschsprachigen Tageszeitung Neuer Weg (Bukarest) , in der Volkszeitung (Kronstadt) und in der Monatsschrift Volk und Kultur (Bukarest) debütiert.

Im Jahr 1968, als die vermeintliche „Tauwetterperiodeeinsetzte und man an einen „Sozialismus mit menschlichem Angesicht“ zu glauben begann, traten viele Intellektuelle, Künstler und Schriftsteller aus Überzeugung in die RKP ein. So auch Stephani, der 1968 seinen Antrag stellte und 1969 als Mitglied aufgenommen wurde. Ab 1971 zeigte Ceausescu dann sein wahres Angesicht. Danach bemühten sich – auch unter den Künstlern und Schriftstellern – nur noch Opportunisten um eine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei.

Ab Oktober 1966 war Claus Stephani Leiter des von ihm neugegründeten Bukarester Deutschen Literaturkreises, der zweimal im Monat seine Zusammenkünfte im Schriftstellerhaus Mihail Sadoveanu (Casa Scriitorilor M. Sadoveanu) abhielt. Als er 1970, während eines Aufenthalts im Ausland – aufgrund einer Verdächtigung, er werde nicht mehr zurückkehren – ad absentam als Leiter des Kreises abgesetzt wurde, gründete Stephani im Dezember desselben Jahres den Poesie-Club, der vor allem junge Autoren, Musiker und Künstler vereinte und zweimal im Monat im deutschen Kulturhaus Friedrich Schiller zusammenkam. Diese Sitzungen wurden jedes Mal mit Jazz- oder Beatmusik eingeleitet. Damals brachte Stephani auch die erste und einzige Publikation, die nicht der Zensur unterstand, heraus – die Novum-Hefte des Poesie-Clubs. Sie wurden nach zweijährigem Erscheinen 1973 verboten.

Als Leiter der deutschen Abteilung der Bukarester Volksuniversität (Universitatea Populara Bucuresti, Sectia germana) wirkte er in den Jahren 1973 bis 1978 als Dozent in den Fachbereichen Vergleichende Volkskunde und Geschichte der modernen Kunst. 1974-1978 leitete er den von ihm begründeten Arbeitskreis zur Erforschung rumäniendeutscher Kultur und Literatur im Altreich (Muntenien, Oltenien, Moldau, Dobrudscha). Der von Stephani 1973 initiierte und angeleitete Ästhetik-Club vereinte junge deutsche und rumänische Künstler, die sich zweimal im Monat im Schiller-Haus zum Gespräch trafen. Ebenfalls im Schiller-Haus organisierte Stephani als Kurator eine Reihe von Ausstellungen volkskundlicher Objekte und moderner Kunst. Zusammen mit Dr. Roswith Capesius gründete er 1975 den Volkskunst-Kreis (VkK) des Schiller-Hauses, dem bekannte Bukarester Kunstfreunde und Sammler, wie Dr. Klaus Kessler, Koloman Müller, Dr. Herbert Hoffmann, Dr. Radu Ionescu u.a. angehörten.

Ab 1968 unternahm er zahlreiche Feldforschungen in Siebenbürgen, Marmatien, im Sathmarland und in der Bukowina und zeichnete Lebensgeschichten (Oral History), Märchen und Sagen von deutschen, ostjüdischen, rumänischen und ruthenischen Volkserzählern auf – insgesamt über 2000 Texte –, die er später zum Teil in 28 eigenen Sammelbänden in deutscher Sprache veröffentlichte. Weitere Buchausgaben erschienen auch in rumänischer, italienischer, englischer und mazedonischer Übersetzung.

Zwischen 1967 und 1990 war Claus Stephani als Redakteur und von 1985 bis 1990 als stellvertretender Chefredakteur der Monatsschrift Neue Literatur, Bukarest (die deutschsprachige Publikation des Rumänischen Schriftstellerverbandes) tätig. Als Redakteur studierte er (1978-1983) im Fernkurs an der Bukarester Journalistikfakultät der Academia „Stefan Gheorghiu“. Obwohl er alle wissenschaftlichen Voraussetzungen erfüllte, wurde er – weil seine Eltern und Geschwister in der BRD lebten – zur Promotion nicht zugelassen. Dazu benötigte man nämlich eine Sondergenehmigung von höchster Parteistelle. Im Herbst 1984 inskribierte er deshalb insgeheim (von Bukarest aus) an der Ukrainischen Freien Universität (UFU) München und wurde von Prof. Dr. Olexa Horbatsch als Doktorand angenommen, dem er bereits eine abgeschlossene Dissertation über die Herkunft der Zipser Familiennamen in Oberwischau vorgelegt hatte. Im Jahr darauf wurde ihm seitens der Partei- und Staatsbehörden jeder weitere Kontakt zur UFU verboten, und er mußte auf eine Promotion verzichten. Bis 1990 lebte er in Bukarest.

Den ersten Antrag zur Emigration hatte er 1958 gestellt, doch nach wiederholten Absagen beschloß er, vorläufig im Land zu bleiben. Als später die Schikanen der offiziell nicht mehr existierenden Zensur und der Behörden immer unerträglicher wurden, trat Claus Stephani im März 1989 aus der Partei aus und stellte im April 1989 erneut einen Antrag zur endgültigen Ausreise. Erst nach der Wende durfte er schließlich im April 1990 mit seiner Familie nach Deutschland auswandern. Danach wurde er wissenschaftlicher Angestellter im Bayerischen Nationalmuseum, freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, freier Schriftsteller, Ethnologe und Kunsthistoriker. Gleichzeitig belegte er ein Studium der Europäischen Ethnologie, der Kommunikationswissenschaften und der modernen deutschen Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität, München. 1995 folgte hier seine Promotion zum Dr. phil.  mit einer Arbeit zur vergleichenden Erzählforschung in einer nordrumänischen, multiethnisch und multikulturell geprägten Landschaft.

Lyrik, Prosa, Oral History, Märchen, Sagen, Studien und Aufsätze von ihm wurden bisher in 13 Sprachen übersetzt. Buchveröffentlichungen hat er in Rumänien, Deutschland, Österreich, Italien, Mazedonien, in der Schweiz und in den USA herausgebracht.

Er ist Gründungsmitglied des Mythologischen Round Table München der Joseph Campbell Foundation (MRTM-JCF).

Von 1992 bis 2011 war er Vorsitzender der von ihm gegründeten Kommission für Ostjüdische Volkskunde in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V.