Zeiten waren das… Da gab es in Rumänien noch ein ganzes Heer deutschschreibender Autoren – solche, erster Wahl, die „Privilegierten“, und dann auch „die anderen“, die Nur-Schriftsteller. Später, als sie dann das Land verlassen hatten, waren alle nur noch solche erster Wahl gewesen, doch ohne jedes Privileg. Denn plötzlich wollte niemand einst „privilegiert“ gewesen sein.

Und wie sich inzwischen manchmal manch eine Sichtweise verändert hat, d.h. der Blick zurück auf jene tempi passati – als man verfolgt und gleichzeitig auch gefördert wurde – zeigt die Lektüre einstiger Periodika. Denn inzwischen ist manch einer jener einst Privilegierten auf dem einen Auge erblindet – auf dem rechten? auf dem linken? –, je nachdem, wie man in die Spiegelungen blickt, die jene Zeitgenossen einem nun… vorspiegeln wollen.

Im Februar 1979 verursachte Hermann Klein, ein Leser der Zeitschrift „Neue Literatur“ aus Sibiu/Hermannstadt, ärgerliches Aufsehen, indem er in einem Brief an die Monatsschrift, „Volk und Kultur“ (Nr. 1/1979) behauptete, es gäbe im literarischen Kleinbetrieb der Rumäniendeutschen „privilegierte Autoren“ und „andere Schriftsteller“. Als Beleg führte er den Jahrgang 1978 der NL an und nannte die bevorzugten Autoren beim Namen.

Wer aber waren jene Autoren, die vor ca. 35 Jahren als „privilegiert“ bezeichnet wurden, weil von ihnen in der NL (Jg. 30/1978) vergleichsweise mehr Beiträge  erschienen sind, als von „anderen“?

Als die „bösen ‚Privilegierten’“ werden Rolf Bossert, William Totok, Franz Hodjak und Richard Wagner angeführt.

Alle hier Genannten hatten in den 12 Heften des Jahrgangs 1978, d.h. im Lyrikteil und auch in der Folge „Stationen“, mehr Gedichte und Prosabeiträge als sonst veröffentlicht.

Bei der „Neuen Literatur“ war damals für den Lyrikteil Anemone Latzina zuständig und die Rubrik „Stationen“ betreute Claus Stephani.

Ein Autor, der „ganz aus dem Rahmen“ fiel, wie Rolf Bossert in seiner Entgegenung zu Klein schreibt, war Richard Wagner. Denn von ihm wurde im Jg. 1978 nicht nur eine Gedichtaufstellung von neuen Texten veröffentlicht sondern auch noch zwei Beiträge in der Rubrik „Stationen“ (Heft 8/1978 und Heft 10/1978).

Ebenso ist William Totok einer von den privilegierten NL-Autoren. Von ihm erschienen Gedichte in den Heften 3/1978 und 10/1978, und in Heft 12/1978 ist er mit einem Text in den „Stationen“ vertreten.

Aber auch Albert Bohn (wie Bossert, Totok und Wagner Mitglied der „Aktionsgruppe Banat“) und Mathias Schmitz sind durch acht bzw. neun Texte vertreten, wobei ihre Namen in je zwei NL-Heften erscheinen, wie Bossert selbst feststellt.

Dabei verpasst Bossert, so en passent, auch einen kleinen Seitenhieb den „Stationen“, die angeblich vom Thematischen her „alles schlucken, was ihnen vorgesetzt wird“. Als Beispiel nennt er  den jungen Schäßburger Autor Adrian Löw (Heft 3/1978). Nun, Adrian Löw war damals der Schwiegersohn des stellvertretenden Chefredakteurs Arnold Hauser. Und sein Anschlußbahnhof war wohl mehr als nur eine „Station“, wo er den Zug nach Bukarest wechselte.

Letztendlich aber teilten die meisten einst „Privilegierten“ mit „den anderen“ dasselbe Schicksal. Viele verschwanden von der Bildfläche, nachdem sie die „Endstation“ Deutschland erreicht hatten.

© Claus Stephani